„Exer2020“ bekommt auch finanziell grünes Licht

Delegiertenversammlung des DRK-Kreisverbandes hörte beruhigende Zahlen. Vorstand und Präsidium entlastet.

Zum Abschlussfoto trafen sich die Delegierten und Mitarbeiter vor dem Solferino. Alle Fotos: DRK

Von Frank Wöstmann, 14.11.2021

Wolfenbüttel. „Die vergangenen anderthalb Jahre waren eine harte Zeit für unseren Kreisverband“, sagte Horst Kiehne zur Eröffnung der 75. DRK-Kreisversammlung. Mehr als 30 Delegierte waren dazu nach Wolfenbüttel ins Solferino an den Exer gekommen. Und der Sprecher des Präsidiums unterstrich: „Der Kampf gegen die Folgen von Corona war für unseren Verband eine riesige Herausforderung – auf allen Ebenen.“

Die Belastungen gingen tatsächlich durch alle Strukturen der Wolfenbütteler DRK-Arbeit: Erste-Hilfe-Ausbildung war von heute auf morgen untersagt, Schulbegleitung musste plötzlich zu Hause stattfinden und das Solferino musste schließen. Andererseits war das Rote Kreuz personell und in puncto Tatkraft stark gefordert, als zunächst im Auftrag des Landkreises ein Testzentrum am Exer eingerichtet werden musste und später die sanitätsdienstliche Betreuung im Impfzentrum des Landkreises sichergestellt wurde. „Obendrein wurden die vergangenen Monate durch personelle Veränderungen in unserem Rettungsdienst geprägt“, schilderte Kiehne. Zu diesem Punkt konnte er im Solferino gleich zwei neue Mitarbeiter vorstellen (siehe Bericht links). „Dass wir diese Phase so gut überstanden haben, verdanken wir dem Einsatz von Björn Försterling, Thomas Stoch und Uwe Rump-Kahl“, betonte der Präsidiumssprecher.

Vorstand Andreas Ring berichtete, der Kreisverband und seine Tochterunternehmen seien gut durch die Pandemie gekommen – in allen Abteilungen wurden Hygienekonzepte geschaffen und mit großer Wachsamkeit umgesetzt. Somit verhinderte das DRK größere Personalausfälle. „Durch Zuschüsse vom Bund und von der Aktion Mensch hat sich die Gesamtleistung auf dem Niveau von 2019 eingependelt. Dadurch waren wir erneut in der Lage, in unsere Mitarbeiter zu investieren.“

Im Übrigen sei jetzt ein interner Umbau abgeschlossen, so Ring weiter. Der Kreisverband kümmere sich künftig nur noch um die ehrenamtlichen Bereiche, während alle andere Tätigkeitsfelder von den Tochterfirmen betreut würden. „Etwaige Überschüsse führen sie an den Kreisverband ab, der damit seine Aufgaben als Wohlfahrtsverband finanziert.“

Hocherfreut meldete der Vorstand, dass tags zuvor die Darlehnszusage der Bank für die Finanzierung des Neubaus „Exer 2020“ an der Mascheroder Straße eingetroffen sei. „Das war der letzte noch fehlende Mosaikstein, bevor in Kürze die Bagger kommen.“ Die Maßnahme gliedert sich in drei Bauabschnitte, wobei der erste nun umgesetzt wird. Ring bezifferte das Bauvolumen auf rund neun Millionen Euro. Sie setzen sich zusammen aus Eigenkapital, Fördermittel und rund fünf Millionen Euro Darlehn. „Durch diesen Neubau wird sich unsere Bilanzsumme etwa verdoppeln.“ Der Haushalt für das Jahr 2020 belief sich auf gut neun Millionen Euro. Für die Zahlen wurden Vorstand und Präsidium von der Versammlung einstimmig entlastet.
Das galt später auch für den Haushaltsvoranschlag 2022, obwohl der Vorstand die Delegierten schon auf erwartete Defizite einschwor. „Im Zuge von Corona sind Altkleidersammlungen komplett zusammen gebrochen“, schilderte er – kündigte aber für das Frühjahr 2022 eine erste große Sammlung an. Beim Sozio-Med-Mobil laufe es ebenfalls nicht rund. „Das ist ein erfolgreiches Projekt und wir haben viele Anfragen, aber die Verhandlungen mit dem Landkreis über einen Zuschuss für Betriebskosten stecken fest.“

Gebremst wurde durch Corona auch die Erste-Hilfe-Ausbildung, doch da scheint sich eine Wiederbelebung abzuzeichnen: „Wir wollen unseren Neustart erstmals mit einem hauptamtlichen Mitarbeiter bewerkstelligen.“ Gerade durch die monatelange Unterbrechung gebe es eine riesige Nachfrage, die allein mit ehrenamtlichen Kräften nicht zu stemmen sei. „Wir schlagen da ein neues Kapitel der Ersten Hilfe in Wolfenbüttel auf.“

Zur Lage des Rettungsdienstes trug diesmal Björn Försterling vor, der kommissarische Geschäftsführer. Er freute sich, dass 14 Tage zuvor ein zusätzlicher Krankentransportwagen in Dienst gestellt werden konnte. „Das bedeutet eine spürbare Entlastung für die Rettungswagen, die nun weniger Krankentransporte erledigen müssen.“ Einen weiteren Schritt nach vor erwartet er in der nächsten Woche, wenn der neue Bedarfsplan mit dem Landkreis diskutiert werde.
Am Ende der Sitzung kündigte Horst Kiehne an, bei den Neuwahlen 2022 nicht wieder für das Amt des Präsidiumssprechers zu kandidieren. Er sei dann 16 Jahre in dieser Funktion tätig gewesen, und nun sei es Zeit für Jüngere. Er nannte seinen bisherigen Stellvertreter Björn Försterling als Vorschlag für seine Nachfolge. „Dieser Vorschlag ist im Präsidium bereits abgestimmt.“

Blumen gab es von Vorstand und Präsidium (von links): Vorstand Andreas Ring, Aline Gauder (neue Ehrenamtskoordinatorin), Präsidiumssprecher Horst Kiehne, Steffen Tegtmeyer, Daniel Schulte und Björn Försterling, kommissarischer Geschäftsführer des Rettungsdienstes

Zwei innovative Projekte und ein Umbau

Das DRK ist am Exer auf vielen unterschiedlichen Gebieten unterwegs

Die Besucher folgten interessiert den Erklärungen von Daniel Schulte (im Wagen links) und Uwe Rump-Kahl zum Thema Foodtruck.

Wolfenbüttel. Ein Jahr lang gab es keine Kreisversammlung beim DRK – coronabedingt. Entsprechend gespannt waren die Delegierten, Neues vom Kreisverband zu hören und zu sehen. Im Rahmenprogramm der Sitzung wurden drei Projekte präsentiert: Zunächst führte Uwe Rump-Kahl durch das grundsanierte Solferino. Dann gab er gemeinsam mit Daniel Schulte Einblicke in das Angebot des DRK-Foodtrucks, und schließlich zog die Gruppe weiter ins Corona-Testzentrum, das die Firma Kandj Am Exer 17 gemeinsam mit DRK und dem Technischen Innovationszentrum Wolfenbüttel betreibt. Dort erklärten Thomas Stoch und Karima Berrahou die Abläufe rund um „Robbi 1.0“.

Doch zunächst hörten die Gäste Erschütterndes vom Solferino. Dort hatte man vor Jahresfrist einen Wasserschaden konstatiert, der offenbar mehrere Jahre lang unentdeckt geblieben war. DRK-Vorstand Andreas Ring sprach von „biblischen Ausmaßen“, denn tatsächlich waren nicht nur sämtliche Böden völlig durchnässt, sondern auch die Wände waren in Mitleidenschaft gezogen worden. „Erst eine Wärmebildkamera hat uns auf die Spur des Lecks gebracht“, berichtete Uwe Rump-Kahl, Geschäftsführer im Solferino, das vom DRK als Inklusionsbetrieb eingerichtet wurde.

„Hier ist im Grunde alles neu“, sagte er. „Es wurde alles rausgerissen, Fußboden, Wände, Leitungen und sogar der Ausgabetresen.“ Doch nach dem bekannten Motto, dass jede Krise auch eine Chance bietet, ging das DRK in die Offensive: Statt Flickschusterei kam nun alles auf den Prüfstand und wurde erneuert – über den schmucken neuen Ausgabetresen über die Laufwege der Mitarbeiter bis zur Einrichtung der Toiletten.

Dieser Einsatz fußte auf einer simplen Erkenntnis: „Wir haben festgestellt, dass gute Rahmenbedingungen und harmonisches Miteinander auch dafür verantwortlich waren, dass alle Mitarbeiter während der Corona-Krise an Bord geblieben sind“, erklärte Rump-Kahl. Andere Kneipen und Restaurants hatten nach dem Lockdown Probleme, offene Stellen zu besetzen. „Bei uns sind alle Kollegen wieder da, und wir hoffen, schon bald mit Solferino sowie der Schulspeisung wieder auf 700 Mahlzeiten am Tag zu kommen.“

Doch das Solferino besteht nicht nur aus Essen. „Wir haben hier einen Ort der Begegnung geschaffen, der sehr vermisst wurde.“ Seniorengruppen oder Lernzirkel der Studenten: Sie alle kehren zurück in den Wintergarten und die Lounge, die in 14 Tagen öffnet. „Vor allem stellen sich die Besucher auf unsere Mitarbeiter und ihre Behinderung ein“, berichtet der Geschäftsführer. „Ich habe hier schon ganz bemerkenswerte inklusive Situationen erlebt.“

Der Zufall wollte es, dass den Delegierten zuvor mit Daniel Schulte der neue (ab 15. März) Geschäftsführer des Rettungsdienstes vorgestellt worden war. Denn als Rump-Kahl bei der zweiten Station des Rundgangs den Foodtruck erklärte, wusste Schulte noch mehr. Er war es gewesen, der durch gute Kontakte zu Volkswagen den Bau dieser Fahrzeugs und vor allem ihrer Wechselbrücken in ganz Niedersachsen angeschoben hatte. „Das modulare System mit einem Trägerfahrzeug und verschiedenen Aufsetzern empfinde ich als sehr geglückt.“ Die Kücheneinrichtung aus Edelstahl ist ausgesprochen zeitgemäß, und wenn der Container abgesetzt ist, befinden sich Koch und Kunde auf Augenhöhe.

Besonders nutzbringend war ein Beispielkochbuch, das Schulte ebenfalls auf den Weg gebracht hatte. „Darin geht er darum, wie die Einrichtung und die Geräte optimiert eingesetzt und welche Mengen für welche Gruppengröße am besten verwendet werden.“ Denn der Foodtruck ist für alle DRKler da. Uwe Rump-Kahl: „Ortsvereine oder Bereitschaften können sich bei uns melden, falls sie damit ein Fest bewirten wollen.“

Die letzte Station des Rundgangs war das Testzentrum der Firma Kandj. Geschäftsführerin Karima Berrahou machte die DRK-Gruppe mit „Robbi 1.0“ bekannt, dem Testroboter. „Sein Vorteil ist, dass er viel schärfere Augen hat als der Mensch“, erzählte sie. Bei den Kunden wird ein Abstrich aus der Nase gemacht, der dann auf einen Teststreifen übertragen wird. Robbi legt ihn zur Seite, bis 15 Minuten später eine Reaktion auf dem Streifen sichtbar wird – zumindest für sein Laserauge. Das Ergebnis des Tests erscheint automatisch auf dem Smartphone des Kunden, der das Testzentrum da schon lange verlassen hat.

„Wir sind als DRK stolz darauf, die erste Phase dieses Prototypen begleiten und unterstützen zu dürfen“, sagte Thomas Stoch bei der Vorführung. Das Potenzial dieser Entwicklung sei gewaltig – was auch Karima Berrahou unterstrich: „Wir können nicht nur auf Corona testen, sondern auf Malaria, HIV und viele andere Infektionen mehr.“ Einsätze von Robbi seien überall dort besonders gut vorstellbar, wo innerhalb kürzester Zeit viele Tests durchgeführt werden müssen, zum Beispiel an Flughäfen, in Seniorenheimen und bei Konzerten. „Wir haben schon Informationsanfragen aus ganz Europa.“

Karima Berrahou (links) und Thomas Stoch (daneben) erklärten den Roboter (rechts) im Testzentrum, das das DRK gemeinsam mit Firma Kandj und dem tiw am Exer betreibt.

Uwe Rump-Kahl (rechts) erläuterte den Delegierten die Sanierung und die vorausgegangenen Schäden im Solferino, dem Inklusionsbetrieb des DRK-Kreisverbands am Exer.